Sicherung professioneller Pflege und Ausbau der Palliativmedizin: „Liberale Pflegeagenda 2018“

„Selbstbestimmt im Alter“ ist ein wichtiger liberaler Grundsatz. Im Rahmen des demographischen Wandels bedarf es einer dringenden Verbesserung der Rahmenbedingungen im Bereich der Pflege zur Sicherung professioneller Pflege. Die Zahl der in der Pflege Beschäftigten muss sich bis 2050 verdoppeln: Die Arbeit im Pflegebereich muss gegenüber anderen Wirtschaftssektoren an Attraktivität gewinnen. Wir brauchen vor allem bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen, damit es gelingt, wieder mehr Auszubildende für den Pflegebereich zu gewinnen und zu frühes Ausscheiden aus dem Pflegeberuf zu verhindern. Der politische Handlungsbedarf erschließt sich aus den Handlungsfeldern liberaler Pflegepolitik im Rahmen der liberalen Grundsatzpositionen:
1. Bürokratieabbau:
Ein Hauptteil pflegerischer Tätigkeit entfällt auf eine Überdokumentation, die den Bezug zur pflegerischen Notwendigkeit längst verloren hat. Die FDP Bayern fordert eine Entschlackung der Prozesse in der Pflege. Hierzu sollen auch die Chancen der Digitalisierung in der Pflegedokumentation genutzt und gefördert werden.
2. Verbesserung der Qualität der Langzeitpflege durch Optimierung der medizinischen Prüfungen und Ersatz des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) durch eine unabhängige Organisation
Durch nicht objektive Prüfungen entsteht der Eindruck eines generellen Misstrauens gegenüber den Pflegeeinrichtungen. Die Prüfungen müssen neutral und objektiv durch eine unabhängige Organisation durchgeführt werden. Die fachliche Kompetenz der Prüfer muss der Verantwortung der Position entsprechen. Mehr Kontrolle bringt mehr Bürokratie, jedoch keine Verbesserung der Pflegequalität. Es darf keine unangemeldeten Prüfungen ohne konkreten Anlass geben. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gilt auch für Einrichtungen der Pflege und muss sichergestellt werden.
3. Verbesserung der Vergütung im Pflegebereich
Um Pflegekräfte im Beruf zu halten und neue zu gewinnen, müssen die Gehälter steigen. Der Vergleich des Mindestlohns mit den Löhnen in anderen Berufen demotiviert die Pflegekräfte zusätzlich. Damit ausreichend Zeit für die Pflege zur Verfügung steht, müssen die Personalschlüssel und die Personalvorhaltung an die fachlichen Notwendigkeiten angepasst und entsprechend refinanziert werden. Eine weitere hohe Anforderung ergibt sich im gesamten Pflegebereich durch die Zunahme der an Demenz erkrankten Menschen. Die Deckelung der Vergütungssteigerungen nach § 71 SGB V ist im Pflegebereich aufzuheben. Die Krankenversicherungen werden auch Ende 2015 noch hohe Rücklagen horten: „Krankenkassen sind keine Sparkassen“ und sind in die Finanzierung der Pflege gesellschaftlich stärker in die
Verantwortung zu nehmen. Die Kosten der Behandlungspflege sind, wie in der ambulanten auch in der stationären Langzeitpflege, von der Krankenversicherung zu tragen.
4. Auch Im Pflegebereich fairen Wettbewerb und unternehmerische Freiheit schaffen:
Wohlfahrtsunternehmen und kirchliche Pflegeeinrichtungen haben gegenüber privaten Trägern von Pflegeeinrichtungen u. a. steuer- und arbeitsrechtliche Vorteile. Das ist kein fairer Wettbewerb! Nicht zu vereinbaren mit unternehmerischer Freiheit ist die Vielzahl der existierenden Vorschriften, Nachweispflichten und Reglementierungen. Außerdem ist das Gleichgewicht der Chancen zwischen Anbietern und Nachfragern aus der Balance geraten. Zu wenig Innovationsfreiheit auf Anbieterseite führt zu weniger Wahlfreiheit für die Versicherten. Private Anbieter sowohl ambulanter als auch stationärer Langzeitpflege müssen ferner von der Gewerbesteuer befreit werden, ebenso hauptberuflich tätige Betreuer, z.B. von Demenzkranken.
5. Mehr gesellschaftliche Wertschätzung und Würdigung der Pflege, Stärkung der Bedeutung des Pflegehelferpersonals (Schweizer Modell):
Die Pflege verdient, als eigenständiger Leistungsbereich im Gesundheitswesen gewürdigt zu werden. Betriebliche Gesundheitsförderung und Maßnahmen zur Vereinbarung von Familie und Beruf können die Arbeitszufriedenheit stärken, den Krankenstand senken und dafür sorgen, dass Vollzeitarbeit und Verbleib im Beruf attraktiv sind. Dies gilt sowohl in Kliniken als auch in der Langzeitpflege. Der Beruf als Kranken- oder Altenpflegehelfer muss weiter in seiner Bedeutung gestärkt werden um hochqualifiziertes Pflegepersonal von Hilfsaufgaben zu entlasten (Schweizer Model der Krankenpflegehilfe). Kommunalpolitisch kann gefordert werden, für Pflegende und Auszubildende im Pflegebereich günstigen Wohnraum in den Kommunen zur Verfügung zu stellen. In vielen medizinischen Assistenzberufen ist das Personal nach 20-30 Berufsjahren den körperlichen und psychischen Belastungen nicht mehr gewachsen und muss aus dem Beruf ausscheiden. Die FDP Bayern fordert, dass in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Berufsgenossenschaften und Berufsverbänden Modelle und Strategien entwickelt werden, wie diese Pflegekräfte ihre wertvollen Erfahrungen und Kenntnisse wieder in eine bezahlte berufliche Tätigkeit einfließen lassen können.
6. Zuwanderung für Pflegekräfte aus dem Ausland erleichtern:
Um einen Teil des enorm steigenden Pflegebedarfs zu decken, benötigen wir dringend zusätzliche Pflegekräfte aus dem Ausland. Eine zunehmende Zahl Pflegebedürftiger mit Migrationshintergrund erfordert zudem eine besondere kulturelle Sensibilität. Die FDP Bayern fordert eine vereinfachte Erteilung einer Arbeitserlaubnis für qualifizierte Nicht-EU Bürger.
Die Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung ist eine eigenständige Herausforderung und muss in einem Kontext zur gesellschaftlichen Diskussion über
den assistierten Suizid diskutiert werden, wie dies auf dem Landesparteitag der FDP Bayern in Bad Füssing am 08.11.2014 auf Antrag des Landesfachausschuss Gesundheitspolitik beschlossen wurde.

Beschluss FDP Kreisverband München Land

Datum: 06. Juli 2015


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